Geschenkte Dominanz

Ich denke, ich erzähle hier niemandem etwas Neues, wenn ich sage, dass eine dominante Person nur solange die Kontrolle hat, wie die devote Person bereit ist, diese abzugeben. Was bedeutet das aber nun eigentlich? Wie viel Kontrolle hast du wirklich, wenn im Grunde die Person, die du dominieren willst, dir einen Rahmen vorgibt?

Tja, die kurze Antwortet lautet hier: Gar keine. Wenn du mit einer Person etwas anstellen willst, was sie nicht möchte, dann nennt sich das im allgemeinen Missbrauch. Damit bist du dann nicht nur ein Arschloch, sondern machst dich auch strafbar. Das ist auch der Grund, warum man als dominanter Part in einer Spielsituation immer mit einem Bein im Knast steht. Der Fall ist im Übrigen auch immer gegeben, wenn du dich für schlau hältst und einen Vertrag aufsetzt. Der hat nämlich vor Gericht keine Gültigkeit, da er im Regelfall als sittenwidrig gilt. Übrigens auch im Falle von auf diesem Weg vereinbarten Zahlungen etc., aber das nur mal am Rande. Wir halten also fest: Du bist so dominant, wie man dich sein lässt.

Das ist natürlich etwas desillusionierend. Da will man gerade jemanden so richtig an die Wand dominieren und dann sowas! Wie gehen wir nun damit um und überhaupt: Ist das alles nur eine Lüge? Hat das alles einen Sinn? Ist das ganze Leben nur eine Bühne, auf der jeder seine Rolle zu spielen hat?! Nein, Ja und frag das vielleicht lieber einen Spezialisten.

Bevor ich jetzt weiterschreibe und sich eventuell einzelne Personen angegriffen fühlen sollten: Alles, was ich schreibe, entspringt meiner eigenen Meinung. Ich habe BDSM nicht durchgespielt. Die Szene ist groß und vielfältig, sie hat das Potential, dass jeder hier glücklich werden kann mit seinen Neigungen. Wie gesund einige davon sind, steht auf einem anderen Blatt. Für mich ist BDSM immer nur ein Spiel. Wie ernst ihr das nehmt, muss jeder für sich entscheiden. Wenn du das anders siehst oder glaubst, dass der einzige Weg für dich ständige Fremdbestimmung ist, dann ist das dein gutes Recht, aber dann brauchst du meiner Meinung nach eventuell Hilfe, die dir ein paar Schläge mit dem Rohrstock nicht bieten können. Am Ende des Tages ist das aber ein ganz Thema und ich werde mir ganz sicher nicht rausnehmen, anderen Leuten zu erklären, was mit ihnen nicht stimmt. Back to Topic! 

Der Unterschied zwischen Dominanz und Kontrolle

Jetzt Moment mal eben, Simon… Wenn ich sage: “Bück’ dich!” und mein Partner bückt sich, dann habe ich doch die Kontrolle, oder? Ich meine, was soll es denn sonst sein? Nicht alles, was im Spiel passiert, gefällt meinem Partner, aber wenn ich es verlange, dann wird es getan werden. 

Ja, oberflächlich betrachtet sieht das vielleicht so aus, aber alles, was im Spiel vor sich geht, bewegt sich in einem vorher bestimmten Rahmen. Dafür gibt es Hard- und Soft-Limits. Im besten Fall wird niemals etwas passieren, worüber ihr vorher nicht gesprochen habt. Sicher, kleine Spielräume wird es immer geben. Hier und da die Kerze mal ein kleines bisschen niedriger halten oder die Nippel die eine oder andere Umdrehung mehr spüren lassen, aber wenn dein Partner dir sagt, dass zum Beispiel die Nippel gerade sehr empfindlich sind und du diese bitte aus dem sprichwörtlichen Spiel raus lassen sollst, dann hast du das zu berücksichtigen bei deinen Plänen für eure Session. 

Du kannst so dominant sein, wie du möchtest, aber du wirst nie die volle Kontrolle haben. Deswegen einigt man sich vor allem für die devote Person auf ein Safeword, auch wenn sich damit natürlich beide in gewisser Weise absichern. Es dient als Notbremse, bzw. als letzte Sicherheit.

Ich Sub, du nix!

Da wankt die Rollenverteilung ein bisschen, oder? Sieht die nächste Session jetzt vielleicht so aus: Der Dom kommt klein und eingeschüchtert in den Raum, spielt etwas verlegen mit seiner Peitsche zwischen den Fingern. Schweißperlen auf seiner Stirn. Zaghaft fragt er: “D-Darf ich jetzt beginnen?”, sie betrachtet ihren Herren mit einem abschätzigen Blick und antwortet dann in strengem Ton: “Das wurde aber auch Zeit! Ich will endlich dominiert werden! So und jetzt gehe ich auf die Knie vor dir! Los fang’ an mich auszupeitschen! Härter!!! Und jetzt lass mich deine Stiefel lecken, zieh mir an den Haaren! Fester! JA!!!” Der Dom tut wie ihm geheißen, während eine einsame Träne seine Wange herunterläuft. Sowas gibt es und hat auch sein Publikum, wenn das aber eher nicht dein Ding ist, dann hilft da nur eins: Kommunikation. 

Als Sub musst du Kontrolle abgeben können. Das fällt einigen leichter als anderen, eventuell ist es sogar der schwerste Schritt, den man im BDSM zu gehen hat. Wenn du das Gefühl nicht los wirst ständig korrigierend, beziehungsweise kontrollierend in das Spiel eingreifen zu müssen, dann habt ihr beide da vermutlich bald keinen Spaß mehr dran. Als Sub kannst du dich nie richtig fallen lassen, weil du immer das Gefühl hast aufpassen zu müssen, und als Dom hast du ständig das Gefühl, etwas nicht richtig zu machen. Das wiederum führt zu Unsicherheiten, was zu Fehlern führt, in denen sich der Partner in seinem Verhalten bestätigt fühlt und so weiter und so weiter. Ein Teufelskreis. 

Vertrauen ist neben Kommunikation das Allerwichtigste in der Szene. Wenn du deinem Gegenüber nicht zutraust, dass er weiß, was er tut, müsst ihr gemeinsam daran arbeiten oder ihr sucht euch zum Spielen jemanden, dem ihr das zutraut. Möchte man diesen Weg weiterhin gemeinsam gehen, dann kann man sich langsam herantasten, indem man mit Szenarien beginnt, die man kennt und bei denen man sich sicher fühlt. Unsicherheit entsteht häufig dann, wenn versucht wird, mehrere Schritte auf einmal zu machen.

Machtmissbrauch

Ein Aspekt, den wir bei diesem Thema auch nicht außer Acht lassen sollten, ist der des Machtmissbrauchs von der devoten Seite. Bevor jetzt hier die Mistgabel gezückt werden: Ich weiß das klingt jetzt erstmal nach patriarchalem Geschwurbel, aber lasst es mich kurz ausführen. Ein solcher Machtmissbrauch findet meiner Meinung nach zum Beispiel dann statt, wenn du als Sub das Safeword verwendest, einfach nur um zu zeigen, dass du hier das Sagen hast. Ich finde, dass das eine völlig unnötige Machtdemonstration ist. Wenn du der Meinung bist, dass du was klarzustellen hast, dann muss das nicht so passieren. Ich ziehe im Zug auch nicht die Notbremse, nur um allen Mitfahrenden zu beweisen, dass ich’s kann. 

Man kann bratty sein von früh bis spät, aber es gibt – zumindest für mich – eine Grenze und diese ist genau dort. Wenn du das für dich brauchst, dann ist das deine Sache – ob du dann noch Leute findest, die mit dir spielen wollen, eine andere. Da braucht mir jetzt auch keine mit so Sachen kommen wie: “Uh, der Simon verträgt wohl keine dominanten Partner! xD”, denn das tue ich durchaus, aber eben nicht, wenn die Rollenverteilung eine andere ist. Wer glaubt, man müsse etwas nur aus Prinzip beweisen, ist bei mir an der falschen Stelle, dafür ist mir meine Zeit zu schade. Das aber nur nebenbei, kommen wir langsam zum Ende. 

Dominiert werden und dominieren lassen

So, wie beende ich nun diesen Beitrag und komme mit etwas Positivem aus der Sache raus? Im Grunde bleibt die Aussage vom Anfang bestehen: Als Dom hast du niemals die Kontrolle, und das ist auch richtig so. Wenn du dich immer noch fragst, warum, dann würde ich dir empfehlen, diesen Beitrag nochmal von vorne zu lesen.

Sub wird nicht dominiert, sondern lässt sich dominieren. Das ist ein gar nicht mal so kleiner Unterschied und deswegen sollte man als dominante Part in einer “Beziehung” auch immer mit etwas Demut an das Spiel gehen. Wir haben eine Person gefunden, die uns genug vertraut, um zuzulassen, dass wir ihr gegenüber Dominanz ausüben dürfen. Das ist etwas wunderschönes und das darf man den Partner auch mal spüren lassen.