„Hast du Lecktücher?“, „Bitte was?!“

Der Titel verrät schon, worum es geht und wieso ich diesen Beitrag schreibe. Ich selbst habe bis letztes Jahr nicht gewusst, dass es sowas gibt, erst die Graphic Novel: Sunstone – Mercy hat mich darauf aufmerksam gemacht. Ich habe die Tatsache, dass ich nun davon wusste, erstmal auf die Haben-Seite gelegt und mich nicht weiter mit dem Thema beschäftigt. Zumindest bis mir aufgefallen ist, dass irgendwie die wenigsten wussten, dass es sowas wie ein Lecktuch überhaupt gibt. Ich war vor allem der Meinung, dass ich mal wieder den Schuss nicht gehört habe, aber auch Leute, die ich für ziemlich aufgeklärt gehalten hatte, konnten mit dem Begriff erstmal nichts anfangen.

Nun gibt es vermutlich zwei Arten von Leser*Innen da draußen: Die einen, die da schon besser Bescheid wissen und sich denken: “Boah Simon, komm’ doch jetzt nicht mit dem alten Hut -.-” und dann die Personen, zu denen ich mich gezählt habe, die da vielleicht auch noch nicht so auf Stand sind. An Erstere: Geht euch ein Eis holen oder lest das Folgende, vielleicht kommen da ja ein paar Sachen, bei denen ihr euch auch noch aufschlauen könnt, dem Rest an dieser Stelle viel Spaß beim Lesen.

Allgemeines zu Lecktüchern

Lecktuch in Verpackung
Lecktuch in Verpackung

Mal ein paar grundlegende Informationen zum Lecktuch: Ursprünglich kommt es aus der Zahnmedizin und nennt sich Kofferdam (englisch: Dental Dam), hier verhindert es bei der Behandlung, dass Patienten Kleinteile (Amalgamreste, Kronenreste, Flüssigkeiten etc.) verschlucken. Aufgrund des flexiblen Materials, das entweder aus Gummi oder Latex ist, ist es extrem reißfest. Die Tücher haben immer mindestens eine Größe von 15x15cm und sind in verschiedenen Farben- und Geschmacksrichtungen erhältlich.

Eine Sache, die ganz interessant ist und auch erklärt, warum kaum jemand über Lecktücher Bescheid weiß, ist, dass es nie Kampagnen gab, um ihre Bekanntheit zu erhöhen. Das liegt wahrscheinlich zum einen daran, dass die meisten unter “Verhütung” vor allem den Schutz vor einer ungewollten Schangerschaft verstehen und, dass Themen wie Oralverkehr und Geschlechtskrankheiten immer noch Tabuthema sind, womit wir schon beim nächsten Thema sind: 

Welche Risiken werden vermieden?

Der Schutz vor Krankheiten gehört ebenso zum Begriff “Verhütung” dazu wie der Schutz vor einer Schwangerschaft. Daher sollte man auch beim Oralverkehr darauf achten.

Lecktuch ausgepackt
Lecktuch ausgepackt

Eine Infektion muss nicht sofort symptomatisch werden und manchmal kann sie sogar asymptomatisch bleiben, so können Erreger bei häufig wechselnden Geschlechtspartner*innen unbemerkt weitergetragen werden. Die Autoimmunerkrankung HIV wird zwar vor allem durch Blut und Sperma übertragen, aber bei Verletzungen im Mundraum (derer man sich oftmals nicht bewusst ist!) kann es ebenfalls zu Infektionen kommen. 

Wenn du dir über den Gesundheitsstatus der empfangenden Person nicht absolut sicher bist, dann ist ein Lecktuch eventuell schon angebracht.

Zum Schluss sei zu diesem Punkt noch gesagt: Das Lecktuch schützt natürlich nur, wenn man die Vulva oder den Anus vollständig abdeckt!

Verfügbarkeit und Preis

Hier wird es “etwas” anstrengend, denn wer jetzt losziehen möchte und es einfach mal selbst testen mag, der wird schnell feststellen, dass die Dinger kaum bis gar nicht zu bekommen sind.  Ich habe noch nie Lecktücher in einer Apotheke gesehen und auch in Sex-Shops wie Beate Use oder Orion wurde ich nie fündig. Bei manchen kann man die Tücher bestellen, aber vielen wird man erstmal erklären müssen, was man eigentlich haben will, denn auch hier wissen die wenigsten meiner Erfahrung nach Bescheid. 

Der beste Weg an welche zu kommen sind Onlineshops, hier wird auch einiges an Auswahl sowohl in Farbe als auch Geschmack geboten. Die Lecktücher sind in Packungen von meist 6-8 Stück zu bekommen und können preislich zwischen 8-12 Euro liegen. 

Kleiner Tipp am Rande: Sucht am besten nicht nach Lecktüchern, sondern nach „Dental Dam”, da ist das Preis-/Leistungsverhältnis etwas besser. Die wird man dann aber wahrscheinlich in weniger Geschmacksrichtungen bekommen. xD

Wie fühlt es sich an?

Lecktuch im Vergleich mit Kondomverpackung.
Lecktuch im Vergleich mit Kondomverpackung.

Beim ersten Mal muss ich zugeben, dass es für mich gar nicht funktioniert hat. Es war komisch, weil mir im ersten Moment das gewohnte Gefühl und die Kontrolle gefehlt hat. Bei Kondomen stört mich das eigentlich weniger, ich würde sogar sagen, dass es mir von Zeit zu Zeit geholfen hat. Wenn man allerdings mit seiner Zunge arbeiten muss, dann möchte man nicht auf das Gefühl verzichten. Mittlerweile bin ich besser geworden mit dem Lecktuch, weil ich jetzt weiß, dass ich es anfangs viel zu straff gezogen habe, aus Angst, dass es verrutschen könnte. Es empfiehlt sich bei der Verwendung eher darauf zu achten, dass es locker auf der Vulva liegt, damit das Tuch auch alle Hautfalten richtig umschließen und nicht nur abdecken kann, ansonsten hat man das Gefühl einen aufgeblasenen Luftballon zu lecken… nicht so lustvoll. Ebenfalls kann es helfen, etwas Gleitgel unter das Lecktuch zu geben, das erhöht auch das Authentizitätsgefühl für die empfangende Person. Dabei natürlich aber darauf achten, ein wasserbasiertes Gel zu verwenden, damit das Material des Lecktuches nicht angegriffen wird.

Zum Schluss noch eine Info: Allergische Reaktionen sind übrigens kaum zu befürchten, da nur wenige gegen Gummi und Latex allergisch sind. Wer ganz sicher gehen will, kann die Tücher aber auch erstmal an weniger empfindlichen Stellen testen, bevor Kontakt mit Mund, Vulva oder Anus aufgenommen wird.