Das war die Boundcon 2023

In Zusammenarbeit mit Churly

Zwei Tage Boundcon und so viel gab es zu sehen, kennenzulernen und auch zu testen. Wir haben uns viele Stände angesehen, genauso wie den VIP-Bereich und noch einiges mehr, nun ist die Boundcon rum für dieses Jahr und wir hatten einige Tage, um unsere Eindrücke etwas zu ordnen und euch ein kleines Fazit zur Messe zu geben.

Starten wir mal vor der Messe. Die Boundcon findet im Zenith statt und ist somit sehr gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Ein kleiner Tipp von mir an dieser Stelle: Sucht euch irgendwas in der Nähe, auch eine gute Erreichbarkeit kann anstrengend werden, wenn man trotzdem einmal quer durch München muss. Egal, wie ihr zur Messe wollte, ihr könnt das ganz leger machen. Die Boundcon bietet genug Möglichkeiten, sich vor Ort umzuziehen. Es gibt direkt am Eingang ein paar Umkleidekabinen, aber natürlich können auch die Toiletten genutzt werden, wenn euch die Umkleiden noch zu öffentlich sind. 

Die Stimmung auf der Messe selbst ist toll, an jeder Ecke gibt es was zu sehen und selbst wenn man da zum zehnten Mal vorbeikommt, wird einem immer noch etwas ins Auge stechen, das einem vorher gar nicht aufgefallen ist. Die Menschen sind nett, man kommt schnell und unkompliziert ins Gespräch und wenn man Interesse an etwas bestimmtem hat, kann man sich auch problemlos beraten lassen, oder das Objekt seiner Begierde auf Anfrage gleich testen.

Was sich auf jeden Fall lohnt, ist, sich direkt am Eingang einen Eventplan mitzunehmen. In diesem kleinen Heft findest du nicht nur eine Auflistung der einzelnen Shows auf der Mainstage, sondern auch einen Haufen Informationen zu den verschiedenen Künstler*innen, die über das ganze Wochenende auf der Boundcon zugegen sind. Du hast die Visitenkarte an einem Stand mitgenommen, der dich interessiert hat und weißt nicht mehr, in welchem Gang der Kollege mit diesen super tollen Dildos war? Kein Problem, schnapp dir den Lageplan, der mit im Heft enthalten ist, und du kannst punktgenau sagen, wo du hin musst.

Der VIP-Bereich

Hattest du das Glück, für einen oder mehrere Tage an ein VIP-Ticket zu kommen, sparst du einiges an Geld und Stress, auch wenn besagtes Ticket im Vorfeld nicht ganz billig ist. Die Vorteile, die der VIP-Bereich mit sich bringt, sind zum einen kostenloses Essen (unter anderem vegetarisch und vegan) und Getränke (auch Bier und Wein), außerdem Gelegenheiten zum Sitzen, die sonst auf der Messe leider eher spärlich gesät sind. Um ehrlich zu sein, kannst du sonst auf der Boundcon nur draußen wirklich sitzen und das auch nur, wenn du einen Platz auf den wenigen Bierbänken findest. In der Halle selbst sind ein paar Bänke vor der Mainstage aufgestellt. Etwas zu Essen und zu Trinken kann man auf der Messe schon auch finden, aber je nachdem, wann man da ist, sind die Schlangen recht lang und ganz billig ist der Spaß auch nicht. Der letzte Vorteil, der hier noch zu erwähnen sei, ist der recht gute Blick auf die Mainstage. Der VIP-Bereich befindet sich dort, wo normalerweise bei einem Konzert die Bühne wäre, was dafür sorgt, dass man etwas erhöht sitzt. Es gibt auch einen kleinen Bereich, in dem man theoretisch spielen und fesseln kann, was zu sehr unterhaltsamen Situationen führt, wenn Unterhaltungen immer wieder von Schmerzensschreien unterbrochen werden, die auf der Boundcon deutlich seltener vorkommen, als man vielleicht meinen könnte. 

Kommen wir nun zu den weniger schönen Dingen im VIP-Bereich, an denen die Veranstaltenden noch arbeiten sollten. Was wohl am meisten ins Gewicht fällt und mir bereits letztes Jahr schon unangenehm aufgefallen ist: Menschen mit einer Gehbehinderung werden sich sehr schwer tun, überhaupt in den VIP-Bereich zu kommen, da er nur über eine Treppe erreichbar ist. Es sind nicht viele Stufen, aber auch die können zu einem Hindernis werden, das man alleine nicht überwinden kann. Ja, es ist Personal da, das gegebenenfalls einen Rollstuhl hochtragen kann und das vorher der Person helfen kann, aber bis dahin sitzt diese auf der Treppe oder quält sich eben jene alleine hoch, um dann darin wieder Platz zu nehmen und wenn man eine Runde über die Messe machen will, dann geht der ganze Spaß von vorne los. Hier muss dringend eine bessere Lösung her. 

Ein weiterer Punkt ist die Lautstärke. Es wäre wirklich schön, wenn man im VIP-Bereich etwas mehr Ruhe hätte, um auch mal ein Gespräch führen zu können, das nicht halb gebrüllt werden muss. Mir ist schon klar, dass es viel verlangt ist, weil man dafür den kompletten Bereich umbauen müsste, aber gerade am Freitag war der Sound während der Shows so laut, dass wir uns diese nicht ansehen konnten, weil man ohne Hörschutz schon fast einen Hörsturz riskiert hat. Am Samstag war die Lautstärke dann zum Glück etwas gemäßigter, sodass unsere kurzfristig erworbenen Ohropax keine Verwendung gefunden haben. 

Ich habe vorhin die relativ gute Sicht auf die Mainstage erwähnt, die ist leider auch so ein Thema. Theoretisch könnte man schon einen guten Blick haben, aber auf Grund der Masse an Menschen, die es auch im VIP-Bereich hat, kann man eigentlich nur im Stehen etwas sehen und dann auch nur, wenn man sich gut positioniert und es einem egal ist, dass man alle hinter einem auch dazu zwingt aufstehen zu müssen. 

Das Essen und Trinken ist ok. Es ist nichts besonderes, aber man wird satt und hat auch einiges an Auswahl. Wer kein Problem mit Fleisch hat, konnte durchaus zufrieden sein, aber wenn man vegan lebt, dann wurde es schon deutlich schwieriger… Beispielsweise schienen eigentlich alle nicht vegan oder vegetarisch ausgewiesenen Gerichte den ganzen Tag über verfügbar zu sein, während dies so gerade für die veganen Alternativen nicht unbedingt galt. Auch musste man raten oder nachfragen, welches nun die vegetarisch/veganen Gerichte waren, weil es keinerlei Beschriftungen an den Gefäßen gab, sondern diese nur auf einem separaten Menü-Zettel ausgewiesen waren. Zusätzlich waren viele der Speisen trotz Warmhaltung ziemlich kalt, sobald sie auf dem Teller lagen.

Noch viel ärgerlicher war allerdings, dass die Angaben auf besagten Zettel falsch waren und ein dort vegan ausgeschriebenes Pesto laut Zutatenliste auf den Gläsern Käse enthielt. Als wir das beim Personal ansprachen, war die Ratlosigkeit groß, es gab keine Entschuldigung und der Menü-Zettel wurde auch auf meinen expliziten Hinweis nicht mehr angepasst. Und sowas sollte nicht passieren.

Die Getränkeauswahl war okay. Es gab Bier, Weiß- und Rotwein, Sangria, Kaffee, Eistee und Wasser. Gerade wenn man keinen Alkohol trinkt oder trinken will, wird es dann aber doch schon ziemlich mau. Immerhin gab es für den Kaffee auch Pflanzenmilch, die schmeckt aber im zwischenzeitlich kalten Kaffee auch eher so semi gut, weil teilweise die Beschreibung der Gerichte nicht stimmt, so war beispielsweise im veganen Pesto Parmesan… Das macht die ganze Sache natürlich nicht mehr so vegan, wie sie sein sollte. Logisch, man kann hier einen Cheat-Day einwerfen, aber sowas sollte eigentlich nicht nötig sein. Als wir darauf hingewiesen haben, hat man uns nicht verstanden, was an der bereits erwähnten Lautstärke gelegen haben könnte, oder aber auch, weil die Person, mit der wir gesprochen haben, weder im Englischen noch im Deutschen sehr fest im Sattel zu sitzen schien. Ja, das wirkt jetzt etwas abgehoben und ich als recht flexibler Esser hatte da auch wirklich keine Probleme, aber man muss sich vor Augen führen, dass der Trend einfach deutlich in eine andere Richtung zeigt und dass hier mehr Rücksicht genommen werden muss.

Am Ende des Tages muss jeder für sich entscheiden, ob es einem das Geld wert ist, ein VIP-Ticket zu kaufen. Ja, es bietet in jedem Fall Vorteile, die nicht von der Hand zu weisen sind, aber als beispielsweise Veganer, der keinen Alkohol trinkt oder als behinderte Person, würde ich es mir zweimal überlegen.

Außenbereich

Über alles, was sich außerhalb der Halle abspielt, gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Es gab einen Foodtruck mit Gegrilltem und Getränken und darüber hinaus einen Bankautomaten. Der komplette Bereich ist von außen nicht einsehbar, was es den Messebesuchenden ermöglicht hat, sich auch vor der Halle frei zu bewegen. Es waren einige Bierbänke und Tische aufgestellt, die aus irgendeinem Grund aber erst am Samstag einen Pavillon spendiert bekommen haben, wodurch es am Freitag in der Sonne dort fast unerträglich heiß war. Das Rein- und Rauskommen war zu keinem Zeitpunkt ein Problem, weil die Ein-/Ausgänge groß genug waren, so dass nie ein größeres Gedränge entstand. Für alle, die auf die Messe wollten und nicht schon vorher drinnen waren, gab es zwei Schlangen, für VIP- und normale Besucher, die mit Gittern voneinander getrennt waren.

Messe/Shops

Was einem schon direkt auffällt, noch bevor man wirklich angekommen ist, dass hier alles normal ist. Egal wie kinky du bist, es wird dir in den Gängen vermutlich eine Person begegnen, die deinen Kink nochmal auf die Spitze getrieben hat. Du kannst hier wirklich sein, wie du bist, und keiner wird dich deswegen komisch angucken. Ganz im Gegenteil, es werden immer wieder Komplimente wegen diesem und jenem verteilt, sei es Kleidung, Haare, Auftreten oder was auch immer, man kann hier wirklich überall eine wunderbare Normalität erleben in Bezug auf BDSM.

Was den größten Teil der Messe ausmacht, sind die Stände der verschiedenen Shops, die oft sehr liebevoll eingerichtet waren. Alles lädt dazu ein, mal stehen zu bleiben und sich umzusehen, oder einfach was in die Hand zu nehmen, zu testen oder Fragen zu stellen. Es wird nur selten Situationen geben, in denen sich eine zum Stand gehörende Person nicht gerne Zeit nimmt und erklärt, was es hier so gibt, wie es hergestellt wird und mit welchem Hintergrund. Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt schlecht beraten gefühlt und hätte am Ende auch gerne Geld bei Ständen gelassen, bei denen es absolut keinen Sinn gemacht hätte, was zu kaufen.

Es gibt auch Stände, die nicht unbedingt was verkaufen, sondern sich eher präsentieren wollen oder einfach zu festen Zeiten Events anbieten. Einer, der uns besonders im Gedächtnis geblieben ist, war der Bereich für die Escape-Challenge. Hier haben zwei Paare aus fesselnder und zu fesselnder Person die Möglichkeit, ihr Geschick und ihren Skill unter Beweis zu stellen. Der fesselnde Part hat 10 Minuten Zeit, um sein “Opfer” so gut es geht zu verschnüren, es ist fast alles erlaubt, außer die beiden gefesselten Personen aneinander zu binden. Im Anschluss müssen sich die beiden eingeschnürten Personen in 15 Minuten versuchen, zu befreien. Sie können sich gegenseitig dabei unterstützen, so es ihre eigene Lage zulässt. Echte Preise gibt es nicht, außer natürlich den Applaus der Menge, wenn die Challenge bestanden wurde. Es war unglaublich unterhaltsam und soweit wir es beobachten konnten, haben es alle Gefesselten aus den Seilen geschafft. Darüber hinaus gab es aber auch an anderen Ecken auf der Messe immer wieder Rigger, die gezeigt haben, was sie konnten, und darunter auch welche, die man dann wenig später bei ihrer Show auf der Mainstage beobachten konnte.

Zur Halle an sich: Wenn wir mal ein paar Minuten vor der Tür zum Rauchen oder Reden standen, haben wir beim Reingehen immer wieder bemerkt, wie gut die ganze Halle eigentlich klimatisiert war. Bei knappen 30 Grad in der Sonne ein echter Pluspunkt.

So, und nun kommen zum Schluss noch mal ein paar sehr persönliche Punkte, die mir (Churly) allerdings sehr wichtig sind. Insbesondere möchte ich noch mal ein paar Worte zur Queerfreundlichkeit der BoundCon sagen – oder eher der nicht vorhandenen Queerfreundlichkeit, denn die Messe hat sich als Konzept auf jeden Fall nicht queersensibel gezeigt. So gab es zum Beispiel keine neutralen Toiletten, sodass ich mich bei jedem Toilettengang fälschlicherweise zwangsouten musste. Es gab zwar einzelne Stände und Personen, die sensibel für queere Themen und Menschen waren, aber davon wirklich wenig und somit und durch die Toilettensituation halt auch kaum Safer Spaces. Und von einer diversen, kinky, sex-positiven Messe erwarte ich mehr.

Denn so kam es auch, dass ich an beiden Tagen trotz Pronomen Pin mehrfach misgendered wurde und mich am Freitag damit so unwohl gefühlt habe, dass ich mein Outfit schließlich wechseln musste. Das ging natürlich von Einzelpersonen aus, wofür die Veranstaltenden als solche erstmal nichts können, allerdings gehe ich stark davon aus, dass es einen spürbaren Unterschied gemacht hätte, wenn das Thema Queer auf der Messe explizit sichtbar gemacht worden wäre. Das hätte zum Beispiel durch Ausgeben von Namens und Pronomen Aufklebern und neutralen Toiletten passieren können, aber auch durch das Einladen und Ansprechen von queersensiblen Aussteller*innen. Auch ein Awareness Team hätte der Messe sicher nicht geschadet und Menschen, die auf der Messe Diskriminierungen erfahren, einen sicheren Rückzugsort und Ansprechpersonen gegeben. 

Gerade dieser Punkt ist für mich so relevant, dass ich wirklich am Zweifeln bin, ob ich die BoundCon so, wie sie gerade ist, noch ein zweites Mal besuchen würde.

Trotzdem hat die BoundCon mir eben auch vieles gegeben: Das Gefühl, normal und angenommen zu sein zwischen so vielen anderen unterschiedlichen und kinky Menschen, die Möglichkeit meine Hundepersona Mochi das erste Mal in die Öffentlichkeit zu tragen und dabei so viele tolle, aufregende und süße Begegnungen mit anderen Menschen, Pets und sogar einem super knuffigen echten Dackel zu machen. Und vor allem: mit meinem Halsband neben meinem Herrn über diese Messe zu laufen und allen zu zeigen: Ich gehöre ihm. 

Das alles war wahnsinnig schön und ich bin unglaublich dankbar dafür. Was bleibt, sind schöne Erinnerungen und eben auch ein ambivalentes Gefühl.

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