Über die Vergleiche

Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich in dieses Thema einsteigen soll. Es betrifft so viele persönlich, sei es Sub oder Dom. Es soll um den Vergleich mit anderen gehen und die damit verbundene Abwertung der eigenen Leistung oder der anderer.

Jetzt kann man natürlich sagen: “Dann sollen sich die Leute eben nicht mit anderen vergleichen oder sich vergleichen lassen und gut is’”; das Thema wäre fertig und damit wäre auch dieser Blogbeitrag hier bereits beendet. Einige denken sich jetzt vielleicht: “Was für ein Glück, zwei Absätze waren auch’n bisschen viel.” Leider ist es nicht so einfach und jeder, der versucht, dieses Problem so abzutun, spuckt damit den Menschen ins Gesicht, die täglich dieser Last gegenüberstehen; und das sind nicht wenige.

Mir ist durchaus bewusst, dass ich mich mit der folgenden Aussage weit aus dem Fenster lehne, aber ich halte dieses Problem für eines der größten in der BDSM-Szene. Wie komme ich bei all den Problemen, die es in einer Spielbeziehung geben kann, darauf, dass eben dieses so viel größer ist als andere? Nun, ganz einfach: Viele der Schwierigkeiten, die man so mitbekommt, wenn man mit einem offenen Ohr durch die Szene geht, haben ihre Ursache genau da. Woher kommt dieser ständige Zwang, sich mit anderen zu vergleichen? In erster Linie wohl aus dem ständigen Gefühl, nicht zu genügen. Sei es nun seinem Herrn, seiner Sub, der Szene, dem eigenen Anspruch. Das immer perfekte Internet hilft einem da natürlich nur bedingt, da auf jeden, der dir zustimmt, immer mindestens zwei kommen, die dir sagen dass du dich mal nicht so haben sollst, oder dir gleich versuchen zu erklären, warum du das alles ganz falsch siehst und BDSM sowieso gar nicht verstanden hast.

Besonders trifft es hier wohl die Subs, wobei das vor allem daran liegen wird, dass ein Dom vielleicht ähnliche Probleme hat, aber diese gar nicht erst zur Sprache bringt. Dazu komme ich allerdings später.

Hab dich mal nicht so…

Unterwürfigkeit kann einen schnell zum Spielball von Arschlöchern machen, die nur ihre eigenen Fantasien ausleben wollen und das um jeden Preis. Leider ist das bei vielen auch recht einfach, da das Selbstwertgefühl schon völlig im Keller ist. Ich möchte jetzt nicht alle Devoten in eine Schublade stecken, da ich weiß, dass es auch genügend gibt, die ein gesundes Selbstbewusstsein haben und mit sich spielen LASSEN, was ein gewaltiger Unterschied ist. Leider trifft das im Vergleich immer noch auf viel zu wenige zu, so dass das setzen von Limits, oder No-gos schon zu Aussagen wie: “Du bist keine richtige Sub”, geführt hat. Was natürlich völliger Blödsinn ist. Wenn eine Sub nun mal auf bestimmte Dinge nicht steht, dann heißt das weder, dass du kein guter Dom bist, noch dass sie keine richtige Sub ist. Ihr passt dann einfach nur spielerisch nicht zusammen. Ein schlechter Dom bist du erst, wenn du diese Unterschiede deiner/m Partner/in vorwirfst.

“Manipulation hat nichts mit Dominanz zu tun”

Niemand hat das Recht, dich in irgendeine Richtung zu lenken oder deine persönlichen Probleme gegen dich zu verwenden, nur um seinen eigenen Trieb durchzusetzen. Es sind immer wieder erschreckende Einzelfälle, die diese Aussage leider aktuell halten. Ich bin ein Dom und es tut mir jedes mal in der Seele weh, wenn ich von solchen Situationen lese, in denen Subs ihre eigene Grenze und Vorsicht über Bord werfen, um zu gefallen. Weil sie glauben, dass BDSM so sein müsste. Weil sie Angst haben, alleine zu bleiben, und weil falscher Stolz sie trotz aller Signale immer weiter machen lässt. Dom zu sein heißt nicht, das Recht zu haben, eine andere Person zu benutzen. Viel eher ist es eine Ehre, die einem hier Zuteil wird, weil dir ein Mensch genug vertraut, um seine innersten Sehnsüchte mit dir zu teilen. Das dankt man ihm nicht, indem man ihn ausnutzt und zur Marionette degradiert.

Natürlich bin ich “nur” ein Dom und kann daher lediglich meine eigene Ansicht wiedergeben. Ich bilde mir auch nicht ein, dass ich die Probleme der Subs lösen könnte, die darunter leiden, sich mit anderen zu vergleichen oder sich vergleichen zu lassen, aber vielleicht kann ich ja der einen oder dem anderen mit diesen Zeilen etwas Trost und eventuell sogar Mut spenden.

Denkt immer daran: Es sind nicht seine, sondern EURE Regeln, die das Spiel bestimmen. Wenn du ihm oder er dir nicht genügt, dann redet miteinander und schmeißt euch keine Vorwürfe an den Kopf, damit kommt man keinen Schritt weiter. Hör’ auf dein Bauchgefühl, das lügt nicht, und im Zweifel lass’ es. Auch wenn es schwer fällt. Versuch, dir selbst zu genügen, Selbstachtung kommt niemals von anderen Leuten, sondern immer erst von dir selbst. Sie ist wie ein Schutzschild. Und zu guter Letzt: Du bist gut, so wie du bist.

Von der Last der Dominanz

Eine Überschrift, die schon recht deutlich zeigt, wo die Reise hingeht. Wie ich eingangs bereits geschrieben habe, liest man in der Hinsicht nur sehr wenig von Doms. Haben wir also keine Probleme und ich soll mal aufhören so ein Weichei zu sein, weil ich ja eh kein richtiger Dom bin? Na, nehmen wir einfach nur mal ganz metaphorisch natürlich an, ein Dom hätte solche Probleme. Warum sagt er dazu nichts? Er könnte sich doch an andere Doms wenden und sich eventuell sogar Rückhalt holen und außerdem: Wieso zweifelt der überhaupt an sich? Der muss doch Ahnung und Selbstvertrauen haben, er ist schließlich Dom. Ja nun, da wir uns glücklicherweise nur in einer metaphorischen Realität befinden, stelle  ich mal eine gewagte These auf: Ein Dom ist auch nur ein Mensch.

Bleiben Sie bitte alle sitzen und beruhigen Sie sich wieder… Es ist ja nur eine These, aber führen wir den Gedanken doch mal weiter, so absurd er auch ist.

Wenn ein/e Sub mal einen kleinen Fehler macht, dann gibt es eine Strafe und alle haben Spaß. Der Druck, der auf einem Dom lastet, ist da schon etwas größer. Ein Dom hat – vollkommen nachvollziehbar – die Pflicht zur Professionalität, immerhin hält er im Zweifel die Gesundheit eines Menschen in Händen und dessen Vertrauen sowieso. Wenn etwas schief geht, dann hast du nicht nur das Vertrauen des/der Sub in dich, sondern auch das Vertrauen in alle Doms für sie/ihn auf unbestimmte Zeit empfindlich beschädigt. Wem will man sich also bei eventuellen Unsicherheiten anvertrauen? Denen im Netz, die eh schon alles besser wissen, auch ohne dass man überhaupt irgendwas falsch gemacht hat? Oder vielleicht lieber dem/der eigenen Sub? Sicher ist der Dialog immer eine gute Idee, aber was ist, wenn das Zeigen von Schwäche diese Dom/Sub-Beziehung im Endeffekt nur schädigt? Kann er/sie sich noch sicher fühlen, wenn du deine Unsicherheiten offen zugibst? Es ist natürlich nur eine Vermutung meinerseits aber eventuell liegt es ja unter anderem auch an diesen Punkten, dass man von der Unsicherheit eines Doms so selten liest.

Du bist nicht er

Also unter mindestens 7 Orgasmen ist das keine richtige Session und wenn sie sich nicht um dein Bein schlingt und mit Freudentränen in den Augen für deine Schläge bedankt, dann war das nicht mal spielen. Ja, so wird uns das gezeigt. Wir wissen natürlich, dass das alles Blödsinn ist, aber es nagt dann doch manchmal an einem, wenn das alles doch nicht so gut klappt wie in der 10-Minuten-Abspritzvorlage. Lass dich von solchen Sachen nicht aus der Ruhe bringen. Der schlimmste Feind, den du haben kannst, ist Ungeduld. Wer sich nicht die nötige Zeit lässt, macht Fehler, und diese führen zu Verletzungen. Wenn du etwas Neues ausprobieren willst, dann lies dich ein und das heißt nicht, dass du dir ‘ne Viertelstunde vorher schnell ein YouTube-Tutorial anschaust und dann geht’s ab. In vielen Dingen muss man Sachen auch erstmal trocken ausprobieren mit dem/der Sub, bevor man es in eine Session einbauen kann.

Merkt dir eine Sache: Du bist nicht “er”, du bist nicht der Typ im Porno, oder der Superdom mit einer Fickzillionen Follower und den Kalendersprüchen. Das beste Feedback bekommst du immer noch von deiner/m Sub und das ist auch die einzige Rückmeldung, die Gewicht hat und nach der du dich richten solltest. Ja, vielleicht hat der Eine oder Andere das schon besser drauf als du, aber der kocht auch nur mit Wasser und hat irgendwann angefangen. Und vielleicht denkt der über jemand anders ganz genauso wie du über ihn.

Fazit

Für mich ist das schönste am BDSM das gemeinsame Erforschen und Offenlegen von Fantasien. Die sind für jeden anders, manche teilt man, andere sind ganz neu. Vergleicht euch nicht ständig mit dem Bettgeflüster anderer, sondern konzentriert euch auf euer eigenes Spiel. Diese Szene ist so verdammt groß und bunt, man kann gar nicht alles schonmal gemacht haben. Irgendwas wird immer zum ersten Mal versucht und sich Impressionen zu holen von Leuten, die dies und das schon länger tun, ist wichtig. Glaubt doch nicht, dass ihr das genau nach Vorlage machen müsst. Solange es sicher und einvernehmlich passiert, kann man immer seinen Weg finden. Wie oft ich schon im Klub stand und mir gedacht habe: “Oooookay, SO habe ich das ja noch nie versucht.” Jeder lebt sein eigenes BDSM und genau das macht doch auch den Reiz aus, nicht wahr?

Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt, das alles zu lesen. Ich weiß, es war eine Menge Text, aber ich befürchte, kürzer hätte ich mich hier auch nicht fassen können, da mir das Thema sehr wichtig ist. Abschließend noch eine Sache, dann bin ich durch. Versprochen. Der richtige Partner kann es schaffen, dass der falsche Stolz unnötig wird und man ganz offen zu seinen Wünschen und Sorgen stehen kann, ohne Angst sein Gesicht zu verlieren.